Positionspapier

Wer Fachkräfte will, der muss den Kunden und den Service
in den Mittelpunkt stellen.

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Wir gehen von der These: »Wer Fachkräfte will, der muss den Kunden und den Service in den Mittelpunkt stellen« aus. Faktisch ist der Fachkräftemangel in der IT eine aktuell feststehende Position. Jeder versucht neue Experten zu finden oder abzuwerben. Da Experten nicht ad hoc ausgebildet werden, ist davon auszugehen, dass dieser Umstand noch einige Jahre anhält. Der kräftezehrende Recruiting-Prozess muss unterstützt werden. Genau hier kommt die These ins Spiel, die einen zusätzlichen Effekt hat, nämlich, dass man zufriedene Kunden erhält und ggf. neue hinzugewinnt. Für die Experten ist es von zentraler Bedeutung, dass sie sich mit einem Unternehmen identifizieren und wohlfühlen. Wer möchte schon gerne in einem Betrieb arbeiten, bei dem die Kunden ständig auf Mängel hinweisen und sich somit der Arbeitserfolg, wenn auch vorhanden, scheinbar nicht einstellt. Jeder Experte wird dann wechselbereit sein.

Zwar wäre die Formel »zufriedene Kunden = gewonnene Experten« zu kurz gegriffen, aber über die Kunden und die erfolgreich betriebenen Services bleiben Experten deutlich länger im Unternehmen. Dies ist ein sehr starkes finanzkräftiges Argument, denn Knowhow-Abwanderung und Neugewinnung sind kostenintensiv.

Wer nun den Kunden und den Service in den Mittelpunkt stellt, der verändert in seinem Unternehmen drei Aspekte:

  • Das Wertesystem: Das Wertesystem wird stark durch das digitale Skill Management geprägt, also wie man heute mit den Talenten der Mitarbeiter umgeht, sie fordert und fördert.
  • Die Kundenschnittstelle: Das häufigste Gesicht zum Kunden ist der Service Desk. Er muss häufig viele Abläufe kompensieren und soll zusätzlich das innovative Image des Unternehmens nach außen tragen.
  • Die Organisation: Ein konsequenter Serviceweg erfordert Verantwortliche hierfür. Diese Rolle wird heute als Service Owner definiert. Er übernimmt die Verantwortung für den Betrieb von ein oder mehreren Services und entwickelt diese weiter.

Mit diesen drei Aspekten wird jedes Unternehmen in den kommen Jahren konfrontiert sein, um sich entsprechend auf dem Markt zu positionieren. Wer hier auf altbewährte Konzepte setzt, der wird zukünftig mit der bekannten Weisheit »in a changing world, the choice is of that, changing or being changed« konfrontiert werden.

Unser Positionspapier greift die drei Aspekte auf und gibt Impulse zur Ausrichtung des eigenen IT-Betriebs. In den folgenden Abschnitten werden die Aspekte jeweils einzeln behandelt.

Das digitale Skill-Management bezieht sich auf den Prozess, digitale Fähigkeiten und Kompetenzen in einem Unternehmen zu identifizieren, zu bewerten und zu verwalten. Dies umfasst die Identifizierung von Fähigkeiten, die Mitarbeiter benötigen, um in einer digitalen Umgebung effektiv zu arbeiten, sowie Schulungen und Entwicklungsprogramme, um diese Fähigkeiten zu fördern. Das digitale Skill-Management ist wichtig, um sicherzustellen, dass Unternehmen in der Lage sind, den ständig wachsenden Anforderungen der digitalen Wirtschaft gerecht zu werden und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Digitales Skill Management gestern

Wenn wir Skills beispielsweise im Service Management verbessern wollen, dann starten wir üblicherweise eine Trainings-Compagnie mit verschiedensten Ausbildungen an verschiedensten Standorten. Was ist problematisch an solch einem traditionellen Ansatz?

  • Training ist keine einmalige Aufgabenstellung
  • Trainings-Compagnien sind kostspielig
  • Über die Hälfte der trainierten Inhalte und Methoden werden nicht sofort verwendet
  • »One size fits all« – passt für die wenigsten
  • Entwicklung von Organisationen und Individuen ist mehr als nur Training

Digitales Skill Management heute

  • Karrierepfade. Wie definieren wir heute Karriere? Persönliche Entwicklung ist eine Grundhaltung und eine lebenslange Aufgabe. Die Denkweise und Einstellung werden wichtiger im Vergleich zu Methoden oder Fachkompetenz.
  • Arbeit im Homeoffice: Was bedeutet das für Karriere? Heute: Denken in Wirkungskreisen. Je abstrakter die Arbeit, desto mehr das Bedürfnis den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen
  • Retention Thematiken:
    – Zahlen und Fakten recherchieren und
    – Kernfragen die Jobwechsel motivieren: Kann ich noch was bewirken? Wie relevant und wirksam bin ich noch? etc.
    – Wesentlich ist die Haltung, z. B. dazulernen wollen, Neugierde, selbstbestimmte Zusammenarbeit, Verständnis der Kunden, Mut neue Wege zu gehen etc.
  • Interaktion – HR / IT – Organisationsunabhängige Herausforderungen – Verbesserungspotentiale
    – Schwierige Abstimmung zwischen Rollen und Karrierepfaden
    – Komplexität durch Job Levels
  • Änderungen in Wertesystemen junger Generationen und Auswirkung auf Service Management Praktiken:
    – Nicht die Problemidentifikation und Lösungsfindung steht im Mittelpunkt, sondern die Art, wie die Probleme angegangen werden (z. B. Interdisziplinär und Innovation
    – Für alle modernen Arbeitsmethoden gilt, dass sie einen Rahmen darstellen, den jede Gruppe anpassen und mit Leben füllen muss.

Digitales Skill Management morgen

Drei Elemente eines effektiven Skill Managements für Service Manager:

  1. Eine Reihe von Kompetenzen und Fähigkeiten, die für eine bestimmte Aufgabe, Arbeit oder die Funktion des Service-Verantwortlichen erforderlich sind
  2. Die Fähigkeit, die aktuellen Kompetenzen und Fähigkeiten von Teams und Einzelpersonen zu bewerten
  3. Ein Kompetenzrahmen mit Entwicklungsressourcen, Coaching, Mentoring, Praktiken

Der Service-Desk war eine primäre Anlaufstelle für Supportanfragen. Mitarbeiter beantworteten Anrufe und E-Mails und lösten Probleme im Betrieb. Doch der Service-Desk hat sich weiterentwickelt und bietet jetzt einen breiteren Support an. Die Mitarbeiter nutzen moderne Technologien wie Chatbots und KI, um Anfragen schnell und effektiv zu bearbeiten. Darüber hinaus konzentrieren sich viele Service-Desks auf die Proaktivität und das Verhindern von Problemen, bevor sie auf treten. In Zukunft wird der Service-Desk immer stärker in die digitale Transformation der Unternehmen integriert. KI und Automatisierung werden noch stärker eingesetzt, um schnelle Lösungen zu bieten. Der Service-Desk wird auch stärker in den Geschäftsbetrieb integriert sein und eng mit anderen Abteilungen zusammenarbeiten, um Support nahtlos in die Geschäftsprozesse zu integrieren.

Service Desk gestern (und leider noch an vielen Orten heute)

  • Systemorientiert
  • Fehlersuche und ggf. Behebung im Vordergrund
  • Kann der Fehler nicht behoben werden, dann Pech für den Service-Konsumenten

Service Desk heute (das ist der Anspruch der heutigen Generation)

  • »Sie werden geholfen«
  • Jede und jeder Service-Konsument wird in seinem Business-Prozess unterstützt
  • Es gibt immer eine Lösung – unabhängig ob die Technik tut oder nicht (–› dies erfordert das fundamentale Umdenken!)

Service Desk morgen (da müssen wir hin)

  • Der Service Desk weiß – dank IOT, KI etc. – längst Bescheid, wenn irgend ein Business-Prozess nicht wie erforderlich leistet
  • Der Service Desk kennt die Anliegen der verschiedenen Service Konsumenten – dank IOT, KI etc. – längst und bietet automatisiert, mit KI unterstützt und auch persönlich mögliche Lösungen an und der Service Konsument kann entscheiden
  • Der Service Desk ist ein Lösungsorientiertes Kompetenzzentrum – ausgerichtet auf den Service Konsumenten und ausgestattet mit Handlungskompetenz

In ITIL wird die Rolle des Service Owner genannt als der Verantwortliche für ein oder mehrere Services. Typische Fragestellungen in diesem Zusammenhang sind:

  • Wie aufwendig ist ein Service in seiner Betreuung?
  • Welche Voraussetzung müssen Service Owner erfüllen?
  • An wen müssen Service Owner berichten?
  • Wie können Service Owner ihre Serviceziele tracken?
  • Welche Skills benötigt ein Service Owner?
  • Welche Möglichkeiten hat der Service Owner, um viele Benutzer zufriedenzustellen und Einzelstimmen wahrzunehmen?
  • Wie können Service Owner sich untereinander abstimmen?
  • Wie löst man Interessenskonflikte zwischen Servicezielen auf?

Die Rolle Service Owner muss konsequent weiterentwickelt werden, denn sie ist eine der zentralen Rollen, die den Erfolg eines Services garantieren. Die folgende Betrachtung zeigt wie sich die Rolle bereits entwickelt hat und wohin sie sich zukünftig weiterentwickeln muss.

Service Owner gestern

  • Die Rolle wird im Unternehmen nicht für wichtig erachtet
  • Der Service Owner fühlt sich unverstanden
  • Ohne Services, aufgrund eines fehlenden Servicekatalogs gibt es auch keine Service Owner
  • Das Empowerment eines Service Owners endet an den Abteilungsgrenzen

Service Owner heute

  • Die Rolle wird eingeführt, ohne die Organisation zu ändern
  • Die Werkzeuge des Service Owners sind nicht vorhanden
  • Die Rolle erhält zu wenig Empowerment (z. B. Budgethoheit), um seine Ziele durchzusetzen

Service Owner morgen

  • Die Rolle ist mit einem Werkzeug-Environment und Empowerment ausgestattet
  • Der Service Owner setzt Service-Ziele und stimmt diese mit Kunden ab
  • Die Services werden unter der Rolle Service Owner strategisch weiterentwickelt.

Die Rolle des Service Owners ist konsequent am Service ausgerichtet. Da sich der Service dynamisch verändert, sollten auch die Befugnisse den Erfordernissen entsprechend zugeteilt bzw. aberkannt werden. Gibt es z. B. keine besonderen Vorkommnisse und auch keine Weiterentwicklungstendenzen, so benötigt der Service Owner nur ein geringes Maß an Befugnissen. Handelt es sich jedoch um einen unternehmenskritischen Service, der einer hohen Volatilität unterworfen ist, viele Weiterentwicklungen impliziert und fortwährend neuer Budgets bedarf, um den Geschäftsanforderungen gerecht zu werden, ist der Service Owner mit umfangreichen Befugnissen auszustatten. Deutlich wird, dass der Service Owner diese Rechte nur für seine Zielvorgaben erhalten sollte, da diese Rechte sehr weitgreifend sind. Mit der Rolle des Service Owners entsteht eine veränderte Organisationsform im Betrieb und richtet das Unternehmen konsequent am Service aus.

Der Fachkräftemangel ist ein drängendes Problem, das viele Branchen und Unternehmen betrifft. Insbesondere im Bereich der IT hat der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften Auswirkungen auf die Qualität der angebotenen Services und somit auch auf die Zufriedenheit der Kunden.

Die Konkurrenz um qualifizierte Fachkräfte ist groß und viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Dies führt zu einem Mangel an Personal, der dazu führen kann, dass Kunden längere Servicebereitstellungszeiten haben, schlechtere Service Levels erfahren und schließlich enttäuscht sind.

Für viele Betriebe ist es daher von großer Bedeutung, sich aktiv um die Gewinnung und Bindung von Fachkräften zu bemühen. In diesem Positionspapier wurde gezeigt, wie ein »Digital Skill Management«, das Gesicht nach außen, also der Service Desk und die zukunftsweisende Rollen wie der Service Owner helfen. Unbenommen sind natürlich die klassischen Aspekte wie eine attraktive Arbeitsumgebung, Schulungen und Weiterbildungen sowie eine angemessene Bezahlung können dazu beitragen, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten.

Eine gut ausgebildete und motivierte Belegschaft (Employee Experience) ist von großer Bedeutung, um die Kundenzufriedenheit (Customer Experience) und die Services auf einem hohen Niveau zu halten. Dies untermauert die These, dass Kunden und Services in den Mittelpunkt gestellt werden müssen. Denn zufriedene Mitarbeiter sind engagierte Mitarbeiter, die sich für ihre Services und dessen Kunden einsetzen. Viele Kunden merken schnell, ob ein Betrieb hinter seinen Mitarbeitern steht und sie entsprechend unterstützt. Wenn ein Betrieb es schafft, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, wird dies sich auch in einem besseren Service und letztendlich in zufriedenen Kunden widerspiegeln.

Zusammengefasst ist der Fachkräftemangel eine Herausforderung, die kurz- und langfristig angegangen werden muss. Durch eine gezielte Strategie und die Entwicklung von zukunftsorientierten Lösungen können Betriebe jedoch auch in Zukunft erfolgreich sein und qualifiziertes Personal finden und binden.